Horst Kallinowski Nachruf

Am 20.03.2024 hat die Kampfsportwelt einen echten Oldschool-Kampfkünstler der ersten Generation verloren. Horst Kallinowski („Kalli“ wie er in Sportkreisen genannt wurde) starb in einem Pflegeheim in Unna.

Sein ganzes Leben hat Horst dem Kampfsport verschrieben und hatte dort auch seine „Budofamilie“. Bis zum Schluss kümmerten sich Weggefährten um ihn und kamen zu Besuch in das Pflegeheim, wo er seit Corona lebte.

Horst Kallinowski betrieb seit über 60 Jahren aktiv Kampfpsort. In jungen Jahren (nachdem er bereits professionell Gewichtheben und Ringen praktiziert hatte) war er erfolgreicher Judoka (2.Dan, dritter bei einer Deutschen Meisterschaft) und kämpfte bereits in der Bundesliga. Dort war er bekannt für seine konsequente Vorgehensweise, wie z.B. die Würgegriffe. Er wartete bis der Gegner zu einem Wurf eingedreht hatte und zog, ohne Veränderung der Armhaltung, direkt einen Würgegriff mit der Jacke des Partners zu. Dafür war, wie man sich denken kann, eine große Kraft und Schnelligkeit erforderlich, die sich Kalli lebenslang durch spezielles Training bewahrt hatte.

Ergänzend praktizierte er Taekwon-Do (3.Dan und mehrfacher Deutscher Meister der ersten ITF-TKD-Meisterschaften in Deutschland), Ju Jitsu (10.Dan) und eignete sich Grundlagen des Karate, Aikido und Kendo an.

Später entwickelte „Kalli“ eine eigene Kombinationen aus verschiedenen Systemen mit eigenen Varianten, nur für den Zweck, sich in realen Situationen erfolgreich verteidigen zu können und nannte es Tai-Jitsu HK-Ryu.
Taj- Jitsu ist der Sammelbegriff für Hebel-, Würge-, Wurf, Tritt- und Schlagtechniken. H.K. steht für Horst Kallinowski und Ryu ist die japanische Bezeichnung für System.
Als Stilbegründer trug er den 10. Dan und hatte zahlreiche Schüler mit Trainingsgruppen in ganz Deutschland, die ebenfalls schon hohe Graduierungen bei ihrem Lehrer erworben haben.

Auch für seine Tätigkeit als Ausbilder eines SEK/MEK im Ruhrgebiet entwickelte Kallinowski spezielle Techniken (unter anderem mit Kurzstock) für diese Zwecke. Dieses Wissen gab er dann auch als Trainer in Personenschutzausbildungen weiter.

Doch es lief im Leben von Horst Kallinowski nicht alles so glatt wie es seine spätere Meisterschaft in der Budo-Selbstverteidigungskunst vermuten lässt.
In einem bewegenden Zeitungsbericht über seine Kindheit schilderte Kalli Misshandlungen während seiner Erziehung in einem konfessionellen Kinderheim nach dem Krieg, die bei ihm bis heute Spuren hinterlassen haben.
Auf dem Höhepunkt seiner sportlichen Laufbahn in den 70iger Jahren, nachdem er diese Erlebnisse vergessen glaubte, geriet er in ein negatives Umfeld mit Straftaten, was schließlich auch bei ihm zu einer Verurteilung führte.

Danach hatte Horst Kallinowski eine schwere Zeit des Neuanfangs, in der er sich alles wieder erarbeiten und Kontakte neu aufbauen musste. Er besann sich seiner Fähigkeiten als Kampfkünstler und war viele Jahre Trainer und Lehrgangsleiter in Vereinen und Verbänden.

In dieser Zeit, Anfang der 80iger Jahre, kam auch der NWTV (Nordrhein-Westfälischer Taekwon-Do Verband) mit Horst Kallinowski in Kontakt. Seit dem leitete er im Verband Lehrgänge zur Prüfungsvorbereitung bzw. Selbstverteidigung und ist auch von Anfang an als Lehrer auf Seminaren und Fortbildungen verschiedenster Verbände tätig gewesen.

Im Laufe der Zeit wurde der vielseitige und erfahrene Selbstverteidigungslehrer ein gefragter Seminarleiter im In- und Ausland. Dabei ging es Kalli in erster Linie um die Verbreitung seines Wissens und die Anerkennung seines eigenen Budo-Stiles „Taijitsu-HK-Ryu“ und weniger um dessen Vermarktung.

In den folgenden Jahren ist eine feste Gemeinschaft (um nicht Familie zu sagen) von selbst teilweise sehr erfahrenen Budosportlern entstanden, die aus allen Kampfsportrichtungen zum HK-Ryu gestoßen sind.

Regelmäßig leitete Kalli Lehrgänge, bei denen man sich zum Lernen aus erster Hand und zum Erfahrungsaustausch trifft. In diesem Rahmen fanden auch die Graduierungsprüfungen vor dem Stilgründer des HK-Ryu, Horst Kallinowski, persönlich statt.

Vereine und Verbände engagierten den unermüdlichen Lehrer auch unabhängig vom HK-Ryu, um die Selbstverteidigung in ihrem Bereich zu verbessern. Er war über 20 Jahre Stammlehrer auf den Dortmunder Budolehrgängen und mehrmals bei den bekannten AIXSPORT-Lehrgängen von Simone Schlötels in Aachen.

Als Gast war er immer gern bei Kampfkunstevents (unter anderem als Security bei den Dortmunder Budo-Galas) gesehen und wurde auch in die „Hall of Fame Martial Arts Europe“ aufgenommen.

So hat der fanatische Anhänger von Grundtechniken, die tausendfach täglich trainiert wurden, sein ganzes Leben der Budo-Kampfkunst gewidmet und hinterlässt eine große Lücke in der Kampfsportszene.

Wilfried Peters

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